Sag mir deinen Namen…

… und ich sag dir wie du heisst.

Wie die „Sentimental-Nomenklatur“ zustande kommt, habe ich im Beitrag über den Kahil-Knöterich geschildert. Wie verhält es sich aber nun wirklich mit der Nomenklatur der Knöteriche.

Früher war es einfach, alle Arten wurden in der Gattung Polygonum zusammengefasst.
Je nach Literatur wurden daraus mehrere Gattungen. Am konsequentesten ist die Aufteilung in Zander (Der grosse Zander), der 6 gärtnerisch relevante Gattungen aufführt und in einem Schlüssel auch klare Merkmale dazu liefert.

An den geflügelten Früchten erkennt man die Vertreter der Gattung Fallopia. Und die pfeilförmigen Blätter charakterisieren die Gattung Fagopyrum.

Fallopia mit dreiteiligen geflügelten Früchten
Fallopia mit dreiteiligen geflügelten Früchten
Fagopyrum (Buchweizen) mit den typischen pfeilförmigen Blättern

Bei Bistorta ist der Blütenstand eine einzelne endständige (unverzweigte) Scheinähre, bei Aconogonon eine endständige (verzweigte) Rispe.

Unverzweigte, endständige Blütenstände von Bistorta milettii und Bistorta officinalis
Die verzweigte, endständige Blütenrispe von Aconogonon 'Johanniswolke'

Persicaria besitzen verzweigte Scheintrauben oder Köpfchen die end- und achselständig stehen. Übrig bleiben einige wenige Vertreter in der Gattung Polygonum mit 1 bis 5 achselständigen Blüten entlang des Sprosses.

'Kiss me over the gardengate" die Blütenstände von Persicaria orientalis
Achselständige Büten beim unbeblätterten Polygonum scoparium ("Blühender Schachtelhalm")

Mit einiger Übung könnte man sich diese Merkmale ja durchaus merken. Es handelt sich ja nicht um „unsichtbare genetische Spitzfindigkeiten“. Doch leider scheinen sich die Wissenschaftler nicht einig zu sein.

Im Mabberley (Mabberleys Plant Book), der in vielen Botanischen Gärten als Referenz gilt, wird Aconogonon zu Persicaria und Bistorta zu Polygonum gestellt.

Die Internetseite The Plant List, ebenfalls eine meiner häufig genutzten Quellen, führt Bistorta-Arten unter Persicaria und bei Aconogonon wird je nach Art auf Persicaria oder Polygonum verwiesen.

Was machen die Gärtner in einem solchen Fall? Ihre eigene Nomenklatur natürlich.

Da gibt es die Namenliste Stauden, welche von einer Internationalen Kommission herausgegeben wird, die schreibt:
„Der Handel mit Baumschulgewächsen zwischen verschiedenen Ländern wird stets intensiver. Einheitlichkeit in der Namensgebung der Produkte ist daher von entscheidender Bedeutung. Mit der Neuauflage dieser internationalen „Namensliste Gehölze“ und der „Namensliste Stauden“ wird ein großer Schritt nach vorne gemacht.
Es ist sehr erfreulich, dass beide Namenslisten von der ENA (European Nursery Association) als Europäischer Standard für die Namensgebung von Baumschulprodukten anerkannt sind. Die Namensliste Stauden ist außerdem von der ISU (Internationale Stauden Union) und der PPA (Perennial Plant Association in den USA) als offizieller Standard anerkannt.“
Was heisst dies in unserem Fall: Aconogonon und Bistorta sind dort unter Persicaria zu finden.

Weiter gibt es die Handelsnomenklatur des Bund deutscher Staudengärtner:
„Die vorliegende Nomenklatur orientiert sich nach wie vor an den wissenschaftlichen Erkenntnissen, führt diese aber erst nach einer angemessenen Übergangsfrist ein, wenn es sinnvoll erscheint. Außerdem orientiert sich die vorliegende Handelsnomenklatur am ‚Zander‘, dem in Deutschland anerkannten Handbuch für botanische Namen.“

Dieses „Versprechen“ wird eingelöst. Die Gattungen Aconogonon und Bistorta sind vorhanden, leider ist das in die Handelsnomenklatur aufgenommene Sortiment für den ernsthaften Knöterichsammler nicht genügend breit und tief. Und eine kleine Internetsuche zeigt, dass sich längst nicht alle BdS-Gärtereien in ihren Katalogen nach der Handelsnomenklatur richten. (Ich kann das nachvollziehen, denn die BdS Handelsnomenklatur führt in ihrem Bestreben die Pflanzennahmen EDV-tauglich zu machen einige unpassende „Artnamen“ ein. Doch das ist eine andere Baustelle.)

Die Sprachverwirrung hat bei den Knöterichen babylonisches Ausmass angenomment.
Man ist versucht zu behaupten, am besten fährt man mit den deutschen Namen:
Aconogonon – Bergknöterich, Bistorta – Wiesenknöterich, Fagopyrum – Buchweizen, Fallopia – Flügelknöterich, Persicaria – Knöterich, Polygonum – Vogelknöterich.

Bis Klarheit geschaffen wird, plädiere ich dafür, sich im Fall der Knöteriche an den Zander (der Kleine tut es da durchaus) zu halten. Dies im Bewusstsein, dass man bei der Suche (ob im Internet oder einer Gärtnerei) verschiedene Namenskombinationen testen sollte.

Ich bin gespannt auf Ihre Erfahrungen.

2 Kommentare

  1. Liebe Knöterichfreunde,
    ja es ist ein „confusum maximum“, d.h. es herrscht ein ziemlich großes Namensdurcheinander (meiner Meinung nach ein unnötiges). Daß die Polygonum-Knöteriche einmal umbenannt werden müssen, steht schon seit fast 100 Jahren fest. Nun ist es vor ein paar Jahren geschehen, aber die Art und Weise, wie es geschah, ist eine halbe Katastrophe. Hier gibt es ganz, ganz wenige Verursacher und Kaskaden von Abschreibern und Propagatoren. Die meisten haben nur Zugang zu letzteren. Die Abschreiber und Propagatoren sind oft selbst nicht auf dem neuesten Stand.
    Der belgische Botaniker Ronse Decraene hat 1988 zusammen mit dem Engländer Akeroyd eine neue Klassifikation veröffentlicht, wonach Polygonum s.l. (abzüglich der schon länger akzeptierten Gatttungen Fagopyrum und Fallopia) in Polygonum s.str. und Persicaria s.l. zu zerlegen sind. Dem sind sehr viele gefolgt und folgen noch heute (leider!). Doch der Erstautor ist in späteren Veröffentlichungen (vor allem zusammen mit dem Südkoreaner Hong) zu einer neuen Taxonomie übergegangen, bei der Aconogonon, Bistorta und Persicaria s.str. anstelle des weitgefassten Persicaria s.l. akzeptiert wurden. Die Mitautor Akeroyd hat gar vollends die Flucht ergriffen und in der Europaen Garden Flora alles (d.h. wie Linné 1753) wieder unter Polygonum s.l. laufen lassen (was ihn nicht hinderte, fast gleichzeitig in der Flora Europaea 1 (ed.2) Fallopia und Fagopyrum dennoch separat zu halten.
    Die neusten molekularen Ergebnisse genauso wie morphologische Untersuchungen lassen keinen Zweifel, dass das frühere Polygonum s.l. heute in Europa in 6 Gattungen (Aconogonon, Bistorta, Fagopyrum, Fallopia, Persicaria s.str. und Polygonum s.str.) zu zerlegen ist. So schon erfolgt in der Standardliste (Wisskirchen & Haeupler 1998), dann im Zander seit 2002, in der Flora Nordica 1 (2000), in der Flora of North America 5 (2005), in den neueren Auflagen des Rothmalers u.a. Die Russen und viele Osteuropaer hatten diese Aufteilung schon seit Jahrzehnten, leider z.T. noch weiter aufgesplittet (was den Ruf angekratzt hat).
    Im Kleinen dauert der Streit auch heute noch an, z.B. ob Reynoutria von Fallopia abgetrennt werden soll (ich meine: nicht) oder ob Aconogonon polystachyum vielleicht zur Gattung Rubrivena gehört (ich meine: nicht), oder auch ob die Gattung Koenigia und Aconogonon zu vereinigen sind (wenn ja, dann wirds richtig böse, da Koenigia der ältere Name von beiden ist und alle Aconogonon-Namen umgetauft werden müssten – es sei denn, jemand versucht das per Antrag an die Nomenklaturkommision zu verhindern).
    Ich empfehle: Zander !!!
    Also: Aconogonon und Bistorta sind die für Gärtner und Pflanzenliebhaber wichtigsten Gattungen; die anderen liefern nur kleine Beiträge
    Detail zu dem Thema Systematik und Namensgebung auf http://www.offene-naturfuehrer.de. Dort im Portal Flora die von mir bearbeitete Familie Polygonaceae anklicken (fast nur Wildarten). Wird demnächst upgedated (neue Seite mit Gartenpflanzen ist in Planung). Die 6 Gattungen sind dort in Form einer großen Merkmals-Tabelle sowie als Kurzdiagnosen charakterisiert (Wikipedia – deutsch – kann man dagegen vergessen – die englische Version ist schon besser)
    Ach noch was:
    Der kleine Knöterich ist Bistorta tenuicaulis (schwer zu kultivieren)
    Aconogonon tortuosum statt Persicaria kahil
    Aconogonon spec. „Johanniswolke“ (vgl. Simon (2002): Jelitto & Schacht, Die Freiland-Schmuckstauden) = Aconogonon speciosum hort (spec. ist nicht die Abkürzung von speciosum sondern bei Simon von species) = Polygonum polymorphum hort. non Ledebour (Ledebour verwendete den Namen für eine Pflanze, die zu Aconogonon alpinum gehört)
    Der richtige Name ist Aconogonon x fennicum (A. alpinum x A. weyrichii – vgl. Flora Nordica 1). eventl. kam man die Sortenbezeichnung „Johanniswolke“ noch dranhängen, denn die Hybride erscheint nicht ganz einheitlich.
    Kleine Literaturempfehlung: „Polygonaceae Knöterichgewächse“ der Gesellschaft Schweizer Staudenfreunde – behandelt fast alle gärtnerischen Arten unter den Polygonaceae (nur die Nomenklatur wieder so ein Opfer des Persicaria-s.l.-Viruses, tja …

    1. Hallo Herr Dr. Wißkirchen,
      da ich auch meine Probleme hatte die neue Einteilung der Polygonaceaen zu verstehen bin ich über diesen Artikel und Ihren Bestimmungsschlüssel sehr dankbar. Ich habe deswegen eine Link auf die Seite in den Offenen Naturführern gesetzt:
      http://www.blumeninschwaben.de/Zweikeimblaettrige/Knoeterichgewaechse/knoeterichgewaechse.htm
      Da ich in meiner Website versuche einen gemeinsamen Schlüssel für Wild- und Zierpflanze zu erstellen, wäre ich sehr an Ihrer Meinung interessiert.
      Es wäre prima, wenn Sie sich meine Seite zu Aconogogon ansehen und verbessern könnten:
      http://www.blumeninschwaben.de/Zweikeimblaettrige/Knoeterichgewaechse/aconogon.htm#Alpen Bergknöterich
      Viele Grüße
      Thomas Meyer

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